Gliederung:

Umfang und Bestandteile eines Lehens


Ein Lehen kann prinzipiell aus allen geldwerten Rechtstiteln bestehen, d.h. meistens aus Grundbesitz, von dem Einkünfte zufließen, aber auch - vor allem in Zeiten entwickelter Geldwirtschaft - aus unmittelbar angewiesenen Geldbeträgen. Der Umfang eines Lehens reicht dabei von einzeln genannten "Pfennigzinsen", den Jahressteuern abhängiger Bauern also, über Fruchtzinse bis hin zur insgesamt verliehenen Ortsherrschaft und darüber hinaus zur als Ganzes verliehenen Graf- oder Herrschaft. Geht das Lehnsgut in den "herrschaftlichen" Bereich über, sind damit grundsätzlich auch die "vorstaatlichen" Rechte der Orts- und später so genannten Landesherrschaft verknüpft. Auf Belege hierzu ist verzichtet worden.


Der Charakter der Fruchtzinse als regelmäßiges Einkommen und mit einem Anspruch auf Rückgabe verbundenes Lehensgut dürfte im Unterricht Schwierigkeiten bereiten und muß anhand eines praktischen Beispiels verdeutlicht werden. Dabei muß klargestellt werden, daß jeder Bezug einer Leistung einen heute so genannten "geldwerten Vorteil" darstellt, der sonst mit eigenem Geld bezahlt werden müßte. Rückgabe des Lehens heißt in diesem Fall, daß die jährliche Leistung seitens des Lehnsherrn entfällt.


Die letzte Urkunde (1288, März 1) zeigt, daß noch nicht einmal ein Wert des Lehens angegeben sein muß, sondern daß es auch in einem Wohnrecht (Burgseß) bestehen kann.
 



1436, April 23, Lahr
Ulrich Schnider von Offenburg bekennt, daß er von Adelheid von Geroldseck, Gräfin von Saarwerden und Frau zu Lahr, 5 Juchert Acker im Bann von Bohisbach, die auf die Heimgasse ziehen und neben den Reben des Friedrich von Diegensheim und des Hänslin Mörlin liegen, zu Lehen empfangen hat, wie diese auch seine Vorderen zu Lehen hatten.(1)
 


1436, April 29
Konz Merschwin bekennt, daß er von Adelheid von Geroldseck, Gräfin von Saarwerden und Frau zu Lahr, Witwe, eine jährliche Rente von 8 Pfund auf Kippenheim und Mahlberg zu Lehen empfangen hat.(2)

 
1436, Mai 6
Kaspar Mewart bekennt, daß er von Adelheid von Geroldseck, Gräfm von Saarwerden und Frau zu Lahr, das Dorf Schelingen am Kaiserstuhl zu Mannlehen empfangen hat.(3)


1261, November 1, Dachstein
Bischof Walther von Straßburg verspricht dem Wildgrafen Emicho 150 Mark Silber für geleistete Dienste und verpfändet ihm dafür 150 Viertel Weizen jährlich aus den bischöflichen Einkünften bei Männolsheim. - S: d.A. (4)

 
1262, Januar 11, Erstein
Bischof Walther von Straßburg bessert dem Gf H[einrich] von Salm seine Lehen von 5 Fudern Wein um 7 Fuder bei Molsheim auf.(5)
 


1262, Februar
Die Wildgrafen Emicho und Gottfried beurkunden, daß ihnen der Straßburger Bischof für 300 Mark Silber, die er für geleistetes homagio habe zahlen wollen, 300 Viertel Weizen von seinen Gütern bei Goegenheim verpfändet habe.(6)
 


1462, Januar 14
Jörg von Hohengeroldseck belehnt Jacob Wiedergrün von Staufenberg mit 44 Gütern in Schweighausen (Ortenaukreis) und 4 Tagwerk Wiesen, die 30 Schilling abwerfen. 1462 ‚ am St. Hylarien Tag.
aus der Aufzählung der Lehnsgüter:
18 d von Heinrich Schetzlins Gut
1 ß d von Geneßgerns Gut
2 ßd von Crutzen Gut
6 d von Heintzmanns Gut auf dem Rain
6 d von der Sweigerin Gut
3 d von Butelers Gut
20 d von Meiwers Gut im Lutschutter
1 ß 3d von Mugen Gut
1ß d von Schotten Gut
6ßd minder 3 helbling von Kellers Gut
1 helbling von Hansmann Schindeler
3 Helbling von Martin (7)


1571, August 7
Lehen der Kletten von Uttenheim von der Herrschaft Hohengeroldseck, am 7. August 1571 im Beisein derer von Endingen aufgezeichnet:
5 Juch Acker, tragen 2 Viertel Korn
2 Juch Acker. tragen 1 Viertel Korn
6 Juch Acker, tragen 1 Viertel Korn
1 Juch Acker, trägt 2 Sester Korn
1 1/2 Juch Acker, tragen 2 Sester Korn
1 1/2 Juch Acker, tragen 1 Viertel Korn
1 Juch Acker, tragen 3 Sester Korn
1 Juch Acker, trägt 3 Sester Korn
Eine halbe Gebreite, trägt 1 Viertel Korn
6 Juch Acker, tragen 9 Sester Korn
2 Juch Acker, tragen 4 Sester Korn
1/2 Juch Acker, trägt 1 Sester Bohnen
dazu weitere 40 Juch Acker ohne Angabe des Ertrags. (8)


1288, März 1, [Lichtenberg]
Nikolaus, der voget von Hunoltstein und sein Sohn Nikolaus verzichten auf ihren Burcses ... ze Veldenze, den sie von den Gf. und der Herrschaft Veldenz als Lehen hatten, und auf die Gebäude, die sie dort errichtet haben. Erheben sie dennoch Ansprüche, verpflichten sie sich, dem Grafen 500 Pfund Trierischer Pfennige, in Trier in der Stadt, zuf zahlen. - S: Nikolaus d.Ä., sein Sohn erklärt Siegelkarenz. (9)





Im Zusammenhang mit der fächerübergreifenden Behandlung des Mittelalters ist auch auf die Lyrik Walthers von der Vogelweide zu verweisen, der an einer Stelle klagt, ein Lehen erhalten zu haben, das ihm zwar die materielle Existenz, nicht aber die Existenz als Dichter sichert, an einer anderen Stelle dann aber die (endlich erwirkte) Freigebigkeit seines Herrn preist.


Der König hat mir dreißig Silberlinge zugemessen:
die kann ich nicht verfrachten, noch verfressen,
ich soll sie mir als Zins aus Felsen pressen.
Groß ist die Ehre, doch der Wert nicht ganz geheuer.
Es ist nicht sichtbar, hörbar, nicht zu fassen:
Freunde, soll ich es nehmen oder fahren lassen?
Schon droht man mir mit Zoll und Kirchensteuer.
Der Pfaffen Fahnden stört mich nicht so sehr:
Die Kasse wird dadurch nicht minder leer.
Prüft hin, prüft her - es wird nicht mehr.


Ich hab mein Lehen, Gottnochmal, ich hab mein Lehen.
Jetzt brauch ich nicht mehr furchtsam in den Frost zu sehen
und reichen Knickern um den Bart zu gehen.
Der gute König, der milde König hat geruht, mich auszustatten.
Oh, meine Sommerfrische, du mein armes Winternest.
Wie jedermann sich davon imponieren läßt:
auf einmal bin ich nicht mehr dieser graue Trauerschatten.
Mein Los war dies: ich war zu lange blank.
Daß ich vor Mißgunst manchmal aus dem Rachen stank.
Heut kann ich wieder atmen, Friederich sei Dank)(10)

 

 


1 Kop. 16. Jh. Karlsruhe, GLA 671697 f. 107-1 08
2 Ausf. Karlsruhe GLA 441294
3 Ausf. Karlsruhe GLA 441289
4 Kop. 18. Jh. Gießen, Univ.-Bibl. 226a Fasz. 1 Nr. 32; RBStrbg 2 Nr. 1654
5 Abschr. 18. Jh. Darmstadt, Staats-A. Abt C 1 Nr. 1378 VI Schott Dipl. Ringrav.) Bl.103; RBStrbg 2 Nr. 1662
6 RBStrg 2 Nr. 1664
7 Kop. 15. Jh. Karlsruhe GLA 67/636
8 J.J. Reinhard, Vorstellung der Baden-Durlachischen Gerechtsame (1751) Beilage Ggg, nach Kop. GLA
9Ausf. Koblenz, Staats-A. 23 (Veldenz) Nr. 7; Pöhlmann, Veldenzer Lehen Nr. 127
10 in der Übersetzung von Peter Rühmkorf in: P.R., Walther von der Vogelweide, Klopstock und ich. rororo TB 1975 . Ich hân min lêhen... Wapnewski Nr. 59 Lachmann 28,31.



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