Die Kunstkammer der Herzöge von Württemberg gehört
zu den bedeutendsten historischen Kunstkammern Europas und zeichnet
sich durch eine besonders dichte Überlieferung aus. Bis
heute zählt sie zu den wichtigsten Kernbeständen des
Landesmuseums, ist quasi das Herzstück des Hauses. Erstmals
wird sie in der Regierungszeit Herzog Friedrichs I. (reg. 1593–1608)
erwähnt. Während seiner Regentschaft im linksrheinischen
Mömpelgard legte er eine Sammlung an, die er auf seinen
Reisen, die ihn unter anderem nach Österreich, Ungarn und
Italien führten, erweiterte. Neben kostbarsten kunsthandwerklichen
Arbeiten aus seltenen Materialien umfasst die Sammlung auch Exotika,
die aus fernen Ländern nach Europa importiert wurden, und
eine Fülle an kuriosen Dingen: ausgestopfte Tiere, magische
Gegenstände, Bronzen, Uhren, Miniaturen, Modelle von Arbeitsgeräten
und vieles mehr. Sein Nachfolger, Herzog Johann Friedrich (reg.
1608–1628), vergrößerte den Bestand beträchtlich.
Die prunkvolle Kunstkammer war Ausdruck des Repräsentationswillens
des angesehenen Herrscherhauses. Nach den Wirren und Plünderungen
des Dreißigjährigen Krieges war es Herzog Eberhard
III. (reg. 1633–1674), der sie zu neuem Leben erweckte.
Er fügte nicht nur die Sammlung Guth von Sulz an, sondern
veranlasste auch die Präsentation im Alten Lusthaus (im
ehem. Lustgarten, dem heutigen Schlossgarten) und die fachliche
Betreuung durch einen Antiquarius. Erwähnt sei auch Herzog
Eberhard Ludwig (reg. 1693–1733), der die exzellente Sammlung
der Seitenlinie Württemberg-Neuenstadt aufnahm. Erst unter
König Wilhelm I. (reg. 1816–1864) erfolgte die Ausgliederung
aus der Hofverwaltung. Die Kunstkammer wurde zu einem Sammelbecken
für allerlei Denkwürdiges. Wertvolle, aber nicht mehr
zeitgemäße Gegenstände fanden hier eine Heimat.
Als „Königliches Kunstkabinett“ kam sie schließlich
1886 zum Museum.
Ein Großteil der ursprünglichen Sammlung befindet
sich im Landesmuseum Württemberg. Weitere Objekte sind auf
acht Institutionen verteilt: völkerkundliche Objekte im
Linden-Museum und ein Bestand an Mineralien und Fossilien im
Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart. Weitere
Preziosen befinden sich in der Ägyptischen Sammlung der
Universität Tübingen, in den Schlössern Ludwigsburg
und Bebenhausen, im Privatbesitz des Hauses Württemberg,
im Kunsthistorischen Museum Wien und in der Schatzkammer der
Münchner Residenz.
Ein mehrjähriges interdisziplinäres, von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft gefördertes Projekt konnte etwa 3.700
Objekte des ehemaligen Bestandes identifizieren, von denen nun
ein großer Teil präsentiert wird. Die Kunstwerke und
Kuriosa veranschaulichen eindrucksvoll den einst mit dem Aufbau
der Sammlung verbundenen Wunsch, die Vielfalt der damaligen Welt
widerzuspiegeln. Prachtvolles, Seltenes und Fremdartiges bildeten
einen Mikrokosmos, in dem Kunst, Natur und Wissenschaft miteinander
verschmolzen und zum Staunen und Forschen veranlassten. Das Münzkabinett,
das als älteste und umfangreichste Kollektion eine besondere
Stellung einnimmt, wird mit einer repräsentativen Auswahl
in einem eigenen Raum gewürdigt.
In der neuen Schausammlung ist die Kunstkammer eingebettet zwischen
den Sammlungen zur klassischen Antike und den frühen Kelten;
sie ist das Zentrum und die Klammer der „Wahren Schätze“.
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