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Die Weimarer Verfassung (3)

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Das Notverordnungsrecht

Es bedeutet:

- Ergreifen von Maßnahmen zur Abwendung von Gefahr für den Staat oder seine Ordnung (Art. 48, Abs. 2)

- bei Funktionsunfähigkeit des Reichstags Erlaß von Gesetzen als "Notverordnungen"

- Unverzügliche Unterrichtung des Reichstags

- Außerkraftsetzung der Maßnahmen auf Verlangen des Reichstags (Art. 48 Abs. 3).

Wertung: Dieser Artikel 48 ermöglichte dem Reichspräsidenten ab 1930 die Bildung von Präsidialkabinetten. In Verbindung mit den Artikeln 25 (Recht der Auflösung des Reichstages) und 53 (Recht der Ernennung und Entlassung des Reichskanzlers) - beide als Eingriffsmöglichkeiten gedacht, wenn durch Mehrheitsverhältnisse oder schwere politische Zerwürfnisse eine klare Regierungsarbeit unmöglich war - besaß der Reichspräsident nahezu diktatorische Vollmachten. Ihr Einsatz freilich hing von der Persönlichkeit und dem Demokratieverständnis des Präsidenten ab.

Begriffsdefinition : Notstand

Eintritt einer Situation, in der ein bestimmtes Recht nicht ohne Verletzung eines anderen gewahrt werden kann. Eintritt der Notlage und Höherrangigkeit des zu schützenden Rechts rechtfertigen bestimmte Notstandseingriffe ("Not kennt kein Gebot").

Begriffsdefinition: Notverordnung

Schon die Länderverfassungen des 19. Jahrhunderts kannten das Recht des Monarchen zur Notstandsgesetzgebung, wenn die zu regelnde Angelegenheit dringlich sei und dem Parlament nicht rechtzeitig zur Zustimmung vorgelegt werden konnte. Die in dieser Situation erlassenen Gesetze nannte man Notverordnungen, um kenntlich zu machen, daß sie von der Exekutive ohne parlamentarische Mitbestimmung erlassen wurden.

Reichsjustizminister Schiffer vor der Nationalversammlung 1920 : Unter "Maßnahmen" des Art. 48 seien auch solche "der Gesetzgebung" zu verstehen.

Die politische Praxis

Bezug zum Notstand z.T. nicht immer unmittelbar einsichtig: Verordnung über den Kündigungsschutz der Kleingärtner.