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Die Weimarer Verfassung (1)

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Geschichtsseite - Übersicht

Grundrechte und gesellschaftliche Neuordnung

Katalog "Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen" in Anlehnung an die Verfassung der Paulskirche (1848/49)

Sie bestehen aus:

- den klassischen liberalen Freiheits-und Eigentumsrechten

- Ansätzen zu einer gesellschaftlichen Neuordnung:

- Betonung des gesellschaftlichen Charakters der Arbeit

- Möglichkeiten der Enteignung zum Wohl der Allgemeinheit (Art. 153)

- Verhütung des Mißbrauchs von Grund und Boden

- staatliche Aufsicht über Nutzung von Energie und Rohstoffen (Art.155)

- Möglichkeiten der Sozialisierung von Privatunternehmen (Art. 156).

Die Bewertung dieses Grundrechtskatalogs sieht zwar positive Ansätze, aber schwere Mängel in der politischen Praxis

- Keine Vollendung der gesellschaftlichen Neuordnung

- Keine Eingriffe in das bestehende soziale und wirtschaftliche Gefüge, weil negative Folgen für die Produktivität befürchtet wurden

- Die Grundrechte waren nicht unmittelbar einklagbares Recht, eher eine deklamatorische Aufzählung. Gesetzgebung, Exekutive und Rechtsprechung wurden nicht wie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland an die Grundrechte gebunden.

Verhältnis von Zentralismus und Föderalismus

Bundessstaatlicher Charakter: Die Länder wirken durch den Reichsrat (den ehemaligen Bundesrat) an der Gesetzgebung mit.
Zentralistischer Charakter: Reichstag ist Träger der Volkssouveränität und hat das fast ausschließliche Gesetzgebungsrecht. Grundsatz "Reichsrecht bricht Landesrecht" betont die Stellung des Reichstags.

Wahlsystem

- allgemeines Stimmrecht auch für Frauen

- absolutes Verhältniswahlrecht (60.000 Stimmen = 1 Abgeordneter)

- Keine Erwähnung von Parteien

Wertung: Das Verhältniswahlrecht erleichterte die Bildung von Weltanschauungs- und Interessenparteien, weil es den Anteil an Mandaten gemäß dem an Stimmen garantiert. Nur das Mehrheitswahlrecht zwingt zu einem mehr auf Kompromiß abgestellten Taktieren.

Plebiszitäre Elemente

Die Aufnahme ausgesprochen plebiszitärer Elemente in die Verfassung sollte die Ablösung des alten Obrigkeitsstaates verdeutlichen.

- "Volksbegehren" zur Entscheidung über Gesetzesinitiativen (1/10 aller Wahlberechtigten), Durchführung eines "Volksentscheids" durch Reichspräsident oder einen Teil des Reichstages (insgesamt ohne große Bedeutung)

- Plebiszitäre Wahl des Reichspräsidenten durch das gesamte Wahlvolk (erstmals 1925).


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