Vom (aktiven) Widerstand oder auch nur von der Distanzierung
mochten abhalten:
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obrigkeitsstaatliches Denken, das der Regierung, eben weil sie Regierung
war, Vertrauen entgegenbrachte;
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Fehlen einer Alternative, die die Legitimität einer neuen Gewalt
verkörpert hätte (in Italien z.B. stand über Mussolini immer
noch der König).
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Zukunftsangst, durch die Weltwirtschaftskrise geschürt und von
den Nationalsozialisten propagandistisch ausgenützt (eine Abkehr von
Hitler hätte die Rückkehr zu den Weimarer "Zuständen" bedeutet);
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scheinbare wirtschaftliche Erfolge (daß aber die Arbeitslosenzahlen
weiter hoch blieben, wurde erfolgreich vertuscht);
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Kaschierung der Arbeitslosigkeit durch Beschäftigungsprogramme
(Autobahnbau, Reichsarbeitsdienst);
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erste außenpolitische Erfolge:
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Nichtangriffspakt mit Polen 1934 als Anzeichen des Friedenswillens;
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Einführung der allgemeinen Wehrpflicht ohne nachhaltigen Protest
der Westmächte;
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Charisma des Führers;
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unablässige Propaganda der NSDAP;
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Formulierung der Ziele auf eine Weise, die einen Widerspruch von der Erkenntnis
der dahinterstehenden Ideologie und ihrer Unmenschlichkeit abhängig
machten
Aufklärungsarbeit wurde verhindert durch
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terroristische Methoden der Einschüchterung bei aktiven Gruppen
und
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Angst vor Denunziantentum beim Einzelnen, der sein Mißfallen
äußerte (vor allem bei der intensiven Indoktrinierung der Jugend
durch der HJ).
Die reale Möglichkeit des Widerstands oder
gar des Sturzes der nationalsozialistischen Führung ist allerdings -
besonders während des Krieges - auch unter folgenden Aspekten zu sehen:
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Die Forderung der Alliierten nach "bedingungsloser Kapitulation" erschwerte
Aktionen gegen Hitler, da eine schnelle Beendigung des Krieges nicht erreichbar
schien.
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Das Mißtrauen, vor allem der englischen Regierung, gegen den
preußischen Adel, der den Widerstand trug, war stärker als das
Vertrauen, mit ihm zusammen Hitler beseitigen zu können.
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Die sich abzeichnende Niederlage Deutschlands verschärfte den
nationalsozialistischen Terror gegenüber allen oppositionellen und
kritischen Stimmen.
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Diesem Terror wiederum fiel während der gesamten nationalsozialistischen
Zeit genau derjenige Teil der geistigen Elite Deutschlands zum Opfer, der
zu Widerstandshandlungen gegen Hitler bereit und fähig gewesen wäre.
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Nach wie vor war die Wehrmacht persönlich auf Hitler vereidigt.
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Ein Sturz Hitlers hätte die Gefahr eines Bürgerkrieges in Deutschland
mit sich gebracht.
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Schließlich hätte es eines geschärften demokratischen
Bewußtseins bedurft, um den übergeordneten Rang von Rechtsnormen
und damit den Charakter des NS-Staates als Unrechtsstaat zu erkennen.
Der Präsident des "Volksgerichtshofes", Roland Freisler,
verkündete im Januar 1945 im Prozeß gegen Graf Moltke als
"Rechtsgrundsätze":
Vorbereitung zum Hochverrat begeht schon der, der hochpolitische Fragen
mit Leuten erörtert, die in keiner Weise dafür kompetent sind,
insbesondere nicht mindestens irgendwie tätig der Partei
angehören. |
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Vorbereitung zum Hochverrat begeht jeder, der sich irgendein Urteil
über eine Angelegenheit anmaßt, die der Führer zu entscheiden
hat. |
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und Widerstand
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Dr. Ch. Bühler, 1998