11.4.12
Maulbronner Madonna restauriert
Ein außergewöhnliches Kunstwerk und Kulturerbe kommt
ans Licht: Die Restaurierung und Erforschung der thronenden Madonna
mit Kind aus der Maulbronner Klosterkirche brachte spektakuläre
Erkenntnisse. Die überlebensgroße Skulptur ist zwischen
1307 und 1317 wahrscheinlich in Köln entstanden. Aus Nussbaumholz
geschnitzt, besaß sie in ihrer ausgehöhlten Rückseite
eine Kammer für Reliquien. Originale Farbreste beweisen, dass
die Madonna früher eine prunkvolle Farbfassung mit Vergoldungen,
reichen Verzierungen und einer lebendigen Gesichtsfarbe trug. Diese
wertvollen Befunde für die Nachwelt zu bewahren, war Ziel
der Restaurierung durch die Staatlichen Schlösser und Gärten.
Die Madonna gehört zu den herausragenden Ausstattungsstücken
des Weltkulturerbes Kloster Maulbronn und wird nach Abschluss der
Restaurierungsarbeiten in der Klosterkirche 2013 einen würdigen
Platz erhalten.
Viele Maulbronner und Klosterbesucher kennen die thronende Madonna
mit Kind hoch oben an der Wand des Chores der Klosterkirche, ihrem
Standort seit 1956. Ablösungen der Farbfassung, akuter Schädlingsbefall
und Verschmutzung machten 2010 eine Restaurierung dringend erforderlich.
Die Schlössern und Gärten präsentierten jetzt in
Maulbronn die abgeschlossenen Arbeiten. Dr. Felix Muhle, Restaurator
bei der Schlösserverwaltung berichtete, dass die Holzschädlinge
mit einem thermischen Verfahren in den Restaurierungswerkstätten
der Staatlichen Schlösser und Gärten bekämpft werden
konnten. Für die Konservierung von Holz und Farbfassung, vor
allem aber für eine restauratorische und naturwissenschaftliche
Untersuchung des Bestandes sei es gelungen, einen kompetenten Partner
ins Boot zu holen: die Staatliche Akademie der bildenden Künste
Stuttgart. Hier werden seit 1976 Restauratoren auf höchstem
Niveau ausgebildet. Mit der Maulbronner Madonna befasste sich eine
junge Frau vom Fach: Magdalena Schlesinger untersuchte die kostbare
Figur im Rahmen ihrer Diplomarbeit. Ihr gelang es auch, die ursprüngliche
Gestaltung der farbigen Fassung der Figur nachzuweisen. Die junge
Restauratorin festigte abgelöste Partien der fragmentarischen
Farbfassung, reinigte die Oberflächen der Figur und retuschierte
Fehlstellen.
Nach der Restaurierung ist der Rang der Maulbronner Madonna erst
richtig erkennbar geworden. Die Figur aus Nussbaumholz ist allein
schon durch die Größe etwas Besonderes: Mit 170 cm Höhe überragt
sie die meisten anderen Marienfiguren des frühen 14. Jahrhunderts.
Aber auch die künstlerische Qualität ist außergewöhnlich.
Der Vergleich mit anderen Werken der Zeit macht es den Kunsthistorikern
möglich, ihre Herkunft in der mittelalterlichen Kunstmetropole
Köln zu lokalisieren. Dr. Gabriele Kleiber, Kunsthistorikerin
und Konservatorin bei den Staatlichen Schlössern und Gärten,
fasste das Ergebnis zusammen: „Für die Menschen, die
die Madonna in ihrer früheren goldglänzenden und farbigen
Pracht im mittelalterlichen Kirchenraum in Maulbronn erlebten,
muss der Eindruck überwältigend gewesen sein.“ Wenn
in der Klosterkirche von Maulbronn die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen
sind, wird mit allen Beteiligten ein Aufstellungsort gesucht, der
dem Rang und der S chönheit dieses sakralen Kunstwerkes angemessen
ist. Bis dahin verwahren die Staatlichen Schlösser und Gärten
die Kostbarkeit in ihren Depots. Kleiber: „Man darf sich
jetzt schon auf das Wiedersehen mit der Maulbronner Madonna im
Jahr 2013 freuen – und dann an ihrem endgültigen Standort.“ |